PhD Thesis Andreas Wörner

Kritisches Verhalten in der Kernfragmentation

Frankfurt, 1995

Summary: (aus Kapitel 6 Zusammenfassung)

Motiviert durch die Tatsache, daß zahlreiche Beobachtungen auf einen Flüssig-Gas Phasenübergang in Kernen hindeuten, wurden - unter der Annahme eines Phasenübergangs zweiter Ordnung - verschiedene Methoden zur Extraktion kritischer Exponenten aus Daten der Projektilfragmentation in relativistischen Schwerionenreaktionen untersucht:

  1. Die zuvor von der EOS-Kollaboration angewandte Methode zur Bestimmung der kritischen Exponenten γ und β aus der Verteilung des zweiten Moments und der Größe des schwersten Fragments Zmax.
  2. Die von Campi vorgeschlagene Methode zur Bestimmung des Verhältnisses von γ und β aus der Korrelation des skalierten, zweiten Momentes und Zmax.
  3. Die Festlegung des Übergangspunktes und Bestimmung des Exonenten τ durch Betrachtung der Änderung der Form der Fragmentgrößenverteilung beim Übergang in die Gas-Phase.

Um den Einfluß der endlichen Größe zu studieren, wurden die Methoden auf die im Rahmen des Perkolationsmodells, dessen kritischer Punkt und kritische Exponenten für unendliche Systeme bekannt sind, vorhergesagten Fragmentverteilungen, die denen von Kernfragmentationen sehr ähnlich sind, angewandt.

Zur Bestimmung der kritischen Exponenten γ und β aus der Verteilung des zweiten Moments und der Größe des schwersten Fragments Zmax wurde in der vorliegenden Arbeit eine Methode verwendet, die sich in den für die Analyse notwendigen ad hoc Annahmen von der von der EOS-Kollaboration verwendeten unterscheidet. Für das Perkolationsmodell ergeben beide Methoden identische Ergebnisse. Keine der beiden Methoden erlaubt allerdings dort bei Systemgrößen, vergleichbar der Größe von Kernen, die korrekten Werte für die kritischen Exponenten zu extrahieren. Es wurde eine Sensitivität der Resultate bezüglich der speziellen Wahl des zur Ereignischarakterisierung benutzten Kontrollparameters festgestellt, die sich im Perkolationsmodell aus den Nichtlinearitäten zwischen der Bond-Wahrscheinlichkeit und aus der Clusterverteilung berechneter Größen wie SBOUND oder der Multiplizität ergibt. Solche Nichtlinearitäten erwartet man auch beim Wechseln von der Temperatur nach ZBOUND oder der Multiplizität für den nuklearen Fall aus der kalorischen Kurve. Im Gegensatz zum Perkolationsmodell kommen die Methoden, angewandt auf die Daten der Kernfragmentation, zu unterschiedlichen Ergebnissen, obwohl die experimentellen Verteilungen keine Unterschiede erkennen lassen.

Die von Campi vorgeschlagene Methode (2) eliminiert zwar die explizite Abhängigkeit von einem speziell zu wählenden Kontrollparameter, eignet sich zur Bestimmung kritischer Exponenten aber ebenfalls erst für wesentlich größere Systeme, als sie im nuklearen Fall vorliegen.

Bei der dritten Methode wird das System nur in der Gas-Phase betrachtet, in der die durch die Endlichkeit des Systems bedingten finite-size-Effekte ohnehin weniger ausgeprägt sind als im Flüssig-Bereich. Anders als bei der Berechnung der Momente, bei der immer über alle vorhandenen Clustergrößen summiert wird, erlaubt diese Methode die Selektion eines Bereiches von Clustergrößen, der auch am kritischen Punkt weitestgehend unbeinflußt durch finite-size-Effekte ist. Da in dieser Methode die Clusterverteilungen nur lokal betrachtet werden, spielen Nichtlinearitäten des verwendeten Kontrollparameters keine Rolle. Der Kontrollparameter muß lediglich eine ausreichende Diskriminierung der Ereignisse ermöglichen. Im Perkolationsmodell erfüllen sowohl SBOUND als auch die Multiplizität diese Anforderung. Die Methode ermöglicht in diesem Modell die zuverlässige Bestimmung des übergangspunktes und des Exponenten τ bis hinunter zu Systemen der Größe L=4 (64 Konstituenten). In den Daten der Kernfragmentation ist die Ladungsverteilung im Bereich kleiner Ladungen durch Zerfälle instabiler Fragmente verfälscht. Eine Variation der unteren Grenze des Bereichs an Fragmentladungen hat dadurch einen merklichen Einfluß auf die Resultate für den Parameter τ, so daß für den resultierenden Wert nur das Intervall [2.1,2.7] angegeben werden kann, eine Genauigkeit die aufgrund der ähnlichkeit der τ-Werte verschiedener System keine Einordnung in eine Universalitätsklasse erlaubt. Der Übergangspunkt läßt sich dagegen für die Fragmentation des Goldkernes auf ZBOUND=35±5 festlegen, dies entspricht einer gemessenen Anregungsenergie von EX/A ~ 9-10 MeV. Dort wird auch in der kalorischen Kurve das Ansteigen der Temperatur in der Gasphase beobachtet.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß keine der Methoden die Bestimmung kritischer Exponenten mit einer numerischen Genauigkeit erlaubt, die ausreichend wäre, um die Zugehörigkeit zu einer Universalitätsklasse zu entscheiden. Methode (3) erlaubt allerdings eine Definition des Punktes, an dem - im Rahmen der Interpretation der Daten als kritischem Phänomen - der Phasenübergang stattfindet. Dieser stimmt mit dem Ergebnis des Übergangspunktes in die Gas-Phase aus der kalorischen Kurve überein.

Paper: Postscript (6.2 Mb) 118 pages
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Figures: Abb. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51a, 51b, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61
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